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Resümee nach fast 20 Jahren

Zuletzt aktualisiert am 26. September 2014

DSC00021Nachdem ich nun fast 20 Jahre diesen Beruf ausübe, wird es wohl mal Zeit, ein Resümee nach diesen fast 20 Jahren zu ziehen.

Als ich 1995 im Verteilerverkehr anfing, auf so einem für damalige Verhältnisse „Modernen“ Iveco EuroCargo, kannte ich bislang nur das, was ich die Jahre zuvor mit meinem Vater erlebt habe. Malz holen für die Braurei Veltins. Das hieß, Sonntags abends um 22:00 Uhr los Richtung Worms, laden und dann wieder zurück um dann morgens gegen 6 Uhr an der Brauerei zu entladen.

Das was ich hier Schreibe, soll mal so als Überblick eines „Erfahrenen“ Fahrers sein, damit diejenigen die vom Arbeitsamt dazu genötigt werden (anders kann man das leider nicht nennen), die „Weiterbildung“ zum EU Berufskraftfahrer machen müssen, mal so darüber Aufzuklären, was euch so erwarten kann.

Verteilerverkehr kannte ich bis dato noch nicht und mit 15 – 20 Kunden am Tag, war es ein Stressiger Job. Doch in relativ kurzer Zeit, stellte ich fest, in die Ferne zieht es mich, was ich dann auch tat. Es folgten „ein paar“ Jahre Nationaler und hier und da auch mal Internationaler Fernverkehr auf einem MAN 8.224 mit Tandemanhänger dahinter. Da ich leider wegen Punkte dann meinen Führerschein abgeben musste (waren 18 an der Zahl), habe ich zu der Zeit eine Umschulung gemacht. Klar, meinen Lappen habe ich irgendwann wieder bekommen, doch vom Fahren hat mich das nicht abgehalten. Kurz nach der Umschulung, machte ich dann auch irgendwann meinen Klasse 2. Soviel zum Vorgeplänkel 😀

8 Stunden Job? Nicht als Kraftfahrer

In den Jahren die ich jetzt nun fahre, habe ich Neue Fahrer kommen und gehen sehen. Viele kamen mit dem Gedanken, das bisschen fahren mach ich doch mit Links und kriege auch noch Geld dafür. Doch die Realität, das ist genau das was viele nicht sehen und vor allem nicht glauben wollen, sieht anders aus.

Klar, man fährt die Waren von A nach B. Oftmals auch nach C und D um dann bei E wieder zu laden und das ganze spielchen geht von vorne los. Doch das ganze drumherum ist das was genau diese Fahrer die den Beruf nur kurz ausüben, abschreckt um den Job weiter zu machen, weil er eben nicht gut genug bezahlt wird. Wenn ich bedenke, das darunter Leute waren die aus ner Fabrik oder aus dem Büro kamen mit Gehältern von um die 2500 – 3000 Euro brutto oder auch mehr, ist es für die logischerweise schwer Verständlich mit „weniger“ Geld bei deutlich mehr Stunden als „nur“ einen 8 Stunden Job klar zu kommen. Den Stundenlohn brauch man sich als normaler Kraftfahrer im reinen Speditionsverkehr nicht ausrechnen. Da kann mancheiner vom kürzlich beschlossenen Mindestlohn von 8,50€ die Stunde nur träumen.

Egal wo, Du bist immer der letzte Arsch der Nation

Auch das ist was, was viele nicht sehen. Als LKW Fahrer ist man immer, gerade im Speditionsverkehr, der letzte Arsch. Wenn der Typ an der Warenannahme gerade mal schlechte Laune hat, weil Ihn irgendwer selber Mieß behandelt hat oder er einfach nur der letzte „Penner“ ist, ist der LKW Fahrer derjenige welche, der es zu spüren bekommt. Kommt man diesem Lagerarbeiter dann quer, nimmt man die ganze Ware wieder mit. Fertig. Bei den Zentrallagern der Discountern braucht derjenige der beim Abladen die Ware kontrolliert gar keine Schlechte Laune zu haben. Lädst Du als Fahrer nicht ab, fährst Du wieder. Mit der Ware.

Im Straßenverkehr ist es nicht anders. Wir sind groß, wir sind breit und: Wir sind Dumm. Letzteres meinen viele Verkehrsteilnehmer, die noch nie was größeres gefahren haben als einen Bulli oder vielleicht doch mal einen 7,49 Tonner. Vermeintliche Verkehrs“experten“ gibt es viele auf Deutschlands Straßen und nach ein paar Jahren im Beruf, erkennt man diese schon von selber, bevor diese überhaupt mit Ihrer „Verkehrserziehung“ beginnen.

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Das in dem Video gezeigte ist nur ein Ausschnitt dessen, womit man sich täglich auf den Straßen und Autobahnen rum ärgern muss.

Aber auch so ist es nicht einfach diesen Job „legal“ auszuüben. Verstöße gegen die Lenk und Ruhezeiten Verordnung sind bei vielen Speditionen an der Tagesordnung. Oftmals auch nur deswegen, weil der Disponennt entweder wieder nur die Dollarzeichen in den Augen hatte, oder einfach nur deswegen, weil er zu dumm zum Disponieren ist.

Ja liebe Disponenten, Ihr seid dafür verantwortlich das wir unsere Pausen auch einhalten können. Denn wie steht es doch so schön in Artikel 10 der VO 561/2006/EG u.a.:

Die Arbeit des Fahrpersonals ist so zu organisieren, dass die Sozialvorschriften
eingehalten werden können.

Das aber nur mal ebenso am Rande.

Der Beruf des Berufskraftfahrers ist alles…

… nur nicht mal eben gemacht. Für viele sieht es einfach aus so einen LKW mit 40 Tonnen zu bewegen. Doch nicht nur das es höchste Konzentration bedarf, nein, auch muss man Vorrausschauend fahren, Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen (am besten noch bevor Sie entstehen), Touren planen (Wege, Reihenfolge der Kunden etc.) und auch noch nach mehr als nur den 8 Stunden Arbeitszeit die ein normaler Malocher macht, den LKW Rückwärts irgendwo an die Rampe zu drücken. Mein Fahrlehrer meinte damals: Auch nach 18 Stunden müsse ein Kraftfahrer in der Lage sein, einen LKW im Dunkeln blind rückwärts irgendwo rein zu drücken. Gut das mit den 18 Stunden ist bei manchen Speditionen nicht gerade Abwägig.

Wer auf geregelte Arbeitszeiten hofft, die gibt es in diesem Beruf nicht. Oder eher selten. Klar gibt es Branchen, die haben eigene LKW’s, beliefern Ihre Kunden selber. Also der Werksverkehr. Mit einigen wenigen Ausnahmen hat man hier geregelte Arbeitszeiten, doch ansonsten gilt: Du bist schon am rollen wenn die anderen noch schlafen und du bist noch am rollen, wenn die anderen schon längst wieder zu Hause sind. Zwar nicht so extrem, aber in der Regel ist es so.

Und das alles für einen Bundesweit Durchschnittllichen Bruttoverdienst von ca. 1600 Euro im Monat….

Doch gebe ich deswegen den Beruf auf? Nein, denn auch wenn der Durchschnittliche Bruttolohn eines Kraftfahrers nicht sehr hoch ist, so gibt es doch noch Unternehmer die „Ordentliches“ Geld zahlen. Klar mehr geht immer…. Aber ich denke ich zähle zu denen die mit Diesel im Blut geboren wurden. Ich kann nicht anders. Ich muss fahren.

20130625_0803072013-10-09 09.05.40Alle Facetten dieses Berufes kann man nicht beschreiben. Man lernt vieles erst im Laufe der Jahre kennen. Sei es die engen Ecken in die man rein muss, den Standardspruch vieler Firmen: „Hier waren schon viele LKW’s drin… Oh so einer doch nicht…“ oder aber auch seltsame Entladetechniken wie rechts mit dem Trecker eines Bauern.

Der Beruf des Berufskraftfahrers ist nicht einfach nur das Stumpfe fahren. Auch der Spruch: „Hättest Du mal in der Schule aufgepasst, dann bräuchtest Du kein LKW fahren….“ zählte für mich noch nie. Aber auch so, zählt dieser Spruch schon lange nicht mehr. Im Gegenteil: Heute kann man eher sagen: „Wie gut das ich in der Schule aufgepasst habe, sonst könnte ich diesen Job gar nicht machen!“

 

Resümee nach fast 20 Jahren

by Christian time to read: 10 min
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