Zuletzt aktualisiert am 14. Oktober 2022
2x die Woche gibt es auch bei uns eine kostenlose Wochenzeitung. Den Sauerland Kurier. Dieser erscheint mittwochs und sonntags. In der heutigen Ausgabe war ein „Stellen-Spezial zum Thema Berufskraftfahrer drin.
Ich war etwas verwundert, hier eine Art Werbekampagne für unseren Berufsstand zu finden. Klar, der Artikel wirkt aufklärend, informativ, beschreibt auch TV Blockbuster wie der Film Convoy oder die in den 1980er Jahren ausgestrahlte Serie Auf Achse mit Manfred Krug (ich gucke die Serie heute noch gerne), ein doch eher verklärtes Bild unserer Branche seien. Allerdings, wenn ich mir die fünf Gründe anschaue, warum es sinnvoll ist, unseren Beruf zu erlernen, muss ich doch schmunzeln:
- Anerkannter Ausbildungsberuf
- Profis am Steuer
- LKW-Fahrer mit Köpfchen
- Ausbildung mit Zukunft
- Spaß am Profi-Fahren?
Inhaltsverzeichnis
Anerkannter Ausbildungsberuf
Nun, den ersten Punkt kann ich so unterschreiben. Am Ende einer rund 3-jährigen Ausbildung macht man dann die Prüfung zum Staatlich geprüften Berufskraftfahrer bei der IHK. Doch bei vielen Speditionen ist diese nicht gerade leicht, da entweder die qualifizierte Betreuung fehlt, oder die Azubis dann erst was anderes machen müssen, was mit der Ausbildung rein gar nichts zu tun hat, wie Rasen mähen und Unkraut zupfen auf dem Speditionsgelände. Doch wenn es richtig läuft, lernt man in den 3 Jahren nicht nur den LKW von außen oder vom Beifahrersitz aus kennen, nein man macht auch den Führerschein und lernt neben der Tourenplanung (Dispo) die Technik eines LKW’s besser kennen durch eine Art Praktikum in einer LKW Schlosserei. Auch Lagerhaltung und die Logistik sind ein Teil der Ausbildung.
Profis am Steuer
Laut dem Artikel erwirbt ein Azubi zum Berufskraftfahrer seinen PKW Führerschein schon mit 17 und den CE Führerschein schon mit 18. Allerdings behauptet der Artikel, dass die Führerscheine vom Ausbildungsbetrieb bezahlt werden. Nun im Falle des CE Führerscheins, den man ja zum Fahren eines LKW’s über 7,49 Tonnen zzG. benötigt, mag dies auch zutreffen. Doch vielerorts wird schon davon ausgegangen, das man als Azubi zumindest die Klasse B bereits in der Tasche hat.
LKW Fahrer mit Köpfchen
Bei diesem Punkt geht der Artikel auf die Tätigkeiten des Berufskraftfahrers ein. Man arbeitet mit modernster Technik, plant die Fahrten etc. Hier habe ich allerdings etwas gefunden, was ich in meinen 22 Berufspraxis noch nie gemacht habe: Abrechnungen. Doch der Schreiberling des Artikels behauptet, das ein Berufskraftfahrer dies machen würde. Klar, wir arbeiten stellenweise mit moderner Technik. Moderne LKW’s sind in der heutigen Zeit eher Rollende Computer mit denen man Ware transportieren kann, die Tourenplanung der Disposition verläuft bei vielen über eine Telematik und Assistenzsysteme unterstützend den Fahrer während der Fahrt. Aber wie gesagt: Abrechnungen macht ein Berufskraftfahrer nicht. Vielleicht mal wenn er beim Kunden eine Ware per Nachnahme anliefern muss. Aber sonst? Nö.
Spaß am Profi fahren…
Ein lapidar in den Raum geworfener Grund, warum man Berufskraftfahrer werden sollte. Klar, in der Ausbildung zum BKF lernt man das Fahren intensiver. Auf dem Speditionsgelände bekommt man bei der einen oder anderen Spedition schon vor dem Führerschein, ein wenig Praxis mit dem Rangieren etc. mit auf den Weg, bevor es dann in die Fahrschule geht.
Meine 2 Gründe die eventuell dagegen sprechen
Was der gesamte Artikel nicht beschreibt, sind die negativen Dinge, die dieser Beruf mit sich bringt. Klar, er soll ja Werbung für den fehlenden Nachwuchsmangel. Doch ich habe für den einen oder anderen auch zwei Gründe, die eventuell dagegen sprechen könnten, warum man den Beruf nicht machen will!
- die schlechte Bezahlung (nicht alle zahlen schlecht)
- Freizeitmangel
Laut der Webseite ausbildung.de sieht die Vergütung während der Ausbildung wie folgt aus:
- Ausbildungsjahr: 330-800 Euro
- Ausbildungsjahr: 340-850 Euro
- Ausbildungsjahr: 370-890 Euro
Das Einstiegsgehalt (wer hier eine Tarifliche Vergütung sucht, wird da häufig enttäuscht!) gibt die gleiche Seite mit 1700 bis 1800 Euro (Brutto) an. Wobei das eher als Durchschnitt zu werten ist. Es gibt Firmen die zahlen erheblich weniger, es gibt aber auch welche, die zahlen mehr. Das man allerdings mit Löhnen wie etwa ein Stahlarbeiter oder Stahlbetonbauer rechnen kann, ist dann eher Wunschdenken. Und wie gesagt, Tarifgebundene Firmen sind in dieser Branche eine Seltenheit.
Der Freizeitmangel
Wer sich für den Beruf des Berufskraftfahrers entscheidet, sollte sich über eine Sache im Klaren sein: Es gibt keine geregelten Arbeitszeiten! Wer also davon träumt, dass man in dieser Branche jeden Tag nach 8 Stunden nach Hause geht, den muss ich leider enttäuschen. Es gibt zwar Unternehmen, die schaffen das, wie bei den Discountern Aldi, Lidl und Co. doch im normalen Speditionsbetrieb dauert es schon mal länger oder auch mal kürzer. D.h. entweder ist man erst nach 12 – 13 Stunden wieder zu Hause, oder mal nach 5 oder 6 Stunden. Im Fernverkehr fährt man entweder sonntags abends ab 22:00 Uhr los (ja ich weiß es gibt Transporte, die dürfen auch eher los) oder auch mal montags morgens und kommt dann mit viel Glück freitags im Laufe des Tages wieder rein. Bei der einen oder anderen Spedition kommt es schon vor, dass man das Wochenende irgendwo auf einem Parkplatz / Autohof verbringen darf. Etwa, weil es von der Tourenplanung her nun mal nicht anders geht oder es gängige Praxis in der Firma ist. Auch darüber berichtet der Artikel nicht.
Wie man sieht, Freizeitmangel / Familienleben ist hier etwas, was unter dem Beruf leidet. Ich beschreibe den Beruf immer so: Wir sind am Arbeiten, wenn andere noch schlafen und wir arbeiten immer noch, wenn andere schon wieder ins Bett gehen.
Traurig ist auch, dass der Artikel zwar schön die Werbetrommel für unseren Beruf rührt, denn der Fahrermangel ist nun mal da. Aber von den 10 Werbeanzeigen von Speditionen sind gerade mal zwei dabei, die angeben, dass man noch Auszubildende sucht. Wer allerdings ausbildende Speditionen sucht, ich habe hier im Blog eine Liste der Firmen, die laut IHK Arnsberg zum Berufskraftfahrer ausbilden dürfen.
Man sollte sich auch darüber im klaren sein, dass man in der Öffentlichkeit, was nicht zuletzt auch den Medien geschuldet ist, kein guten Ruf hat. Man stört im Verkehr, guckt nur Fernsehen während der Fahrt, schneidet sich die Fußnägel, liest Zeitung (um mal die gängigsten Klischees zu nennen) und ist eigentlich an allem Schuld was so im Straßenverkehr schief geht.
Doch wem dies egal ist und wer ein dickes Fell hat, der hat schon mal gute Karten hier im Job starten zu können. Es ist nicht einfach, doch auch nach 22 Jahren, die ich diesen Beruf nun ausübe, kann ich behaupten, ich mache ihn noch genauso gerne wie am ersten Tag!