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12 Euro Mindestlohn seit gestern!

Zuletzt aktualisiert am 29. Juli 2023

Seit gestern bekommen nicht gerade wenige einen Mindestlohn von 12 € pro Stunde. Was ändert sich für uns Kraftfahrer dadurch? Eigentlich eine Menge, denn bei erlaubten 208 Stunden im Monat sind das mal eben 2496 € Brutto.

6 Millionen Menschen sollen angeblich davon profitieren. Unsere Regierung? Die brüstet sich auch noch mit diesem Armutszeugnis. Es ist schlimm genug, dass man es dank Agenda 2010, hat so weit kommen lassen.

Und wir?

Für die Männer und Frauen in unserer Branche könnte es ein deutliches Plus sein, wenn da nicht…. Ja, wenn da nicht die Tatsache wäre, dass zu viele einfach nur ein Festgehalt bekommen, runde 220 und mehr im Monat leisten und so auch von den 12 € Mindestlohn nichts haben. Schon allein deshalb nicht, weil die meisten Fahrer diesen nicht einfordern werden. Never change a running System sagt man in der Computerbranche. Oder wie war das noch bei Dinner for One? The Same procedure as every year.

Chef braucht nächstes Jahr wieder einen neuen Porsche, also verzichten wir weiterhin auf das, was uns zusteht, jammern dafür aber lieber bei Facebook rum, wie kacke dieser Job doch ist.

Zuwanderung von Fachkräften

Wie man es ja in den letzten Tagen mitbekommen hat, fordert der Arbeitgeberverband BGL von der Bundesregierung, dass die Zuwanderung aus Drittländern erleichtert und die Ausbildung zum BKF verkürzt und erleichtert wird.

Was das mehr an Geld angeht, davon will man nichts hören.

Fachkräfte im Sinne des Zuwanderungsgesetzes

Auch wenn ich abschweife, so sollte man doch darüber sprechen.

Fachkräfte nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz sind Drittstaatsangehörige Ausländer, die

  1. eine inländische qualifizierte Berufsausbildung oder eine mit einer inländischen qualifizierten Berufsausbildung gleichwertige ausländische Berufsqualifikation besitzen oder
  2. einen deutschen, einen anerkannten ausländischen oder einen einem deutschen Hochschulabschluss vergleichbaren ausländischen Hochschulabschluss haben.

Lustig daran ist, dass „Fachkräften“ die über 45 Jahre sind ein Bruttogehalt von rund 3795 € gezahlt werden muss, um, so der Hintergedanke unserer ach so tollen Regierung, den Zugang zu unserem Sozialsystem verhindert werden soll. Wir haben also quasi amerikanische Verhältnisse, da der potenzielle Bewerber für eine Ausbildungsstelle oder einen Arbeitsplatz nachweisen muss, dass er für die Zeit des Aufenthaltes für sich und mitreisende Familienangehörige sorgen kann.

Und der Deutsche Fahrer?

Wie zuvor erwähnt, Mindestlohn war vorher schon für viele Arbeitgeber ein Fremdwort und daran wird sich bei diesen Speditionen auch nichts ändern. Man hat mit dem Fahrer ein Festgehalt ausgemacht, das wird weiter bezahlt und bei Nachfragen von Lohnerhöhungen, werden steigende Kosten aus Grund genommen, diese nicht zu gewähren.

Hier und da liest man schon wieder die alten Phrasen „Ein Unternehmer, der was von seinen Fahrern hält, zahlt mehr.“
Das mag zwar stimmen, doch ich hatte oben geschrieben: 208 Stunden x 12 € = 2.496 €. Macht netto laut Nettolohnrechner bei Lohnsteuerklasse I 1.711,56 €, was exklusive Spesen und sonstiger Prämien aufs Konto geht. Rechnen wir jetzt noch eine Inflationsrate von aktuell 10 % runter haben wir, nach meinen bescheidenen Berechnungen, ein realistisches netto von 1.540,11 €. Man möge mich bitte korrigieren, wenn ich da falsch liege, denn auch wenn ich eine kaufmännische Ausbildung als IT-Kaufmann habe, ist diese schon sehr lange her und in BWL war ich nie gut 🙂

Wenn nicht jetzt, wann denn endlich dann?

Das Ausland macht es uns doch vor. Wenn was verkehrt läuft, geht man auf die Straße. Wir sehen es regelmäßig in Frankreich. Jetzt aktuell wieder am letzten Donnerstag, weil man mit der geplanten Rentenreformen nicht einverstanden ist.

Spanien und Portugal haben mittlerweile ein Be- und Entladeverbot für LKW-Fahrer. Das kam auch nicht, weil irgendwer morgens aufgestanden ist, sich einen Plan dafür gemacht hat, wie man das umsetzen kann und hat das dann gemacht. Das war auch ein langer Prozess zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden.

Und wo wir gerade beim Thema Gewerkschaften sind, weil es ja so den einen und anderen Intelligenzverweigerer gibt, die meinen, Gewerkschaften machen nichts.
Glaubt Ihr ernsthaft, in Frankreich, Spanien, Portugal und Italien, wäre es zu einem Be- und Entladeverbot oder einer Standklimapflicht gekommen, wenn es einen so tollen gewerkschaftlichen Organisationsgrad gäbe, wie hier in Deutschland? Im Leben nicht. Niemanden interessiert es, wenn irgendwo 5 Männeken stehen und ein Pappschild hochhalten, wo irgendwelche Forderungen draufstehen.

Mitglieder einer Gewerkschaft geben dieser die Macht, was zu bewegen. Bewegen kann man nur was, wenn man auch dahintersteht. Doch der gute deutsche Fahrer hat da keine Lust zu. Auf Facebook vom Sofa aus jammern wie kacke doch alles ist, ist halt bequemer. Es bringt nur nichts.

Ich weiß, es werden wieder gewisse Leute dazu genau so äußern, wie man es von Ihnen gewohnt ist.

Man kennt die gleiche Leier: Gewerkschaften machen nichts, Verdi ist für uns nicht zuständig, bla bla bla.
Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal … Verdi steht für: Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft. Und was sind wir? Ja, LKW-Fahrer, weiß ich. Aber was machen wir bzw. die Firmen für die wir arbeiten? Wir erbringen eine Dienstleistung. Aufgrund dessen ist diese Gewerkschaft, mit Ihrem Fachbereich E, für uns sehr wohl zu ständig.

Europa hat Kollektivverträge

Nun nicht ganz Europa. Alles, was von West nach Ost und im Süden und Norden um Deutschland herum ist, hat einen Kollektivvertrag. Osteuropa und Deutschland fallen da raus. Ein Kollektivvertrag ist nichts anderes, als ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag, in dem Arbeitsbedingungen und Löhne der Arbeitnehmer geregelt sind und an die sich jeder Arbeitgeber, egal ob er Tarifgebunden ist oder nicht, zu halten hat! Insofern zählt auch das Argument nicht „Mein Chef ist nicht tarifgebunden, also bringt mir eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft nichts!“ Jedoch, auch das ist falsch. Wer eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft nur daran festmacht, ob ein Arbeitgeber tariflich gebunden ist oder nicht, vergisst dabei, dass Tarifverträge aushandeln, nur ein Teil der Hauptaufgaben einer Gewerkschaft ist.

Jeder Arbeitgeber für sich allein ist Tarif fähig

Heißt, er muss nicht die MT Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband haben (MT= Mit Tarifbindung, OT = Ohne Tarifbindung. Beide Mitgliedschaften bietet ein Arbeitgeberverband an. Somit kann man nicht zu 100 % sagen, dass ein Arbeitgeber nicht im Verband ist, nur weil er keine Tarifbindung hat.), er kann auch mit einer Gewerkschaft direkt einen Haustarif verhandeln, der dann nur im Unternehmen gilt.

Auch den Arbeitsrechtsschutz kann ich als Mitglied grundsätzlich in Anspruch nehmen, auch wenn der Unternehmer nicht nach Tarif zahlt. Ja klar, es gibt noch die Versicherungen, damit kann ich das gleich reinnehmen und zahle dann auch dafür. Aber der Unterschied zwischen dem Rechtsschutz einer Versicherung und dem bei der Gewerkschaft ist der, dass die Versicherung erst prüft, ob Aussicht auf Erfolg besteht, bevor gesagt wird: Ja, wir vertreten dich. Kommt deine Versicherung zu dem Entschluss, dass da nichts zu machen ist, zahlen die auch nicht. Die Gewerkschaft schon. Und noch ein kleiner Vorteil, den man gegenüber den Versicherungen hat, die DGB Gewerkschaften haben zudem einen kleinen »Service« im Angebot. Einfach mal hier auf der Seite schauen und sich die Leistungen mal anschauen. Macht euren Berufsrechtsschutz das auch?

Mindestlohn, da war was

Es wird dabei bleiben. Der Mindestlohn beträgt seit gestern 12 € Brutto. Und für viele wird sich nicht das geringste ändern, da, wie oben schon erwähnt, es einfacher ist, vom Sofa aus in den sozialen Netzwerken bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu schreiben, wie kacke der Job ist.

Besonders gerne werden Beiträge genommen, in denen es um den Fahrermangel geht. Wie oft muss man da lesen, dass man erst mal die Leute vernünftig bezahlen sollte, dann kämen auch die Fahrer wieder.

Ähm…. Nee, eben nicht. Es gibt genug Beispiele, bei denen Firmen die gutes Geld bezahlen, trotzdem keine Fahrer bekommen. Liegt dann wohl daran, dass man als Unternehmer »dummerweise« auch noch erwartet, dass der Fahrer dafür auch arbeitet. Also ehrlich. Das ist jawohl ein wenig viel verlangt. 😀

Ich bleibe dabei

Jammern bei Facebook wird keine Veränderungen bringen. Den BGL interessiert es einen Scheißdreck, was mit uns Fahrern ist. Die wollen billige Fahrer aus irgendwelchen Drittländern, die dann hier alles zu Klump fahren. Dinotrans ist das beste Negativbeispiel dafür. Oder NTG, man erinnert sich noch daran etwas in den Medien geschrieben wurde über die Zustände in Ense-Höhingen

Und wer glaubt, dass die Herrschaften in Berlin, etwas an den Zuständen in der Branche hier ändern würden, ohne dass Druck seitens der Fahrer kommt, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann.

Erhöhung des Mindestlohnes

Entgegen dem, was die Medien so verbreiten, sind die aktuellen Bestrebungen den Mindestlohn zu erhöhen, eher für den Arsch. Klar, der Mindestlohn wird jetzt in zwei Schritten um sagenhafte 0,82 € bis 2025 angehoben, doch was bringt das? Richtig. Nichts.

Grob gerechnet bei den o.g. 208 Stunden ab 2024 mit 12,41 € liegt man bei 2.581,28 € und ab 2025 dann bei 2.666,56 €. Nettolohn bei Lohnsteuerklasse 1 liegt 2024 bei ca. 1.773,32 € und das Jahr darauf bei 1.820,19 €. Immerhin ein Plus von 85,28 € im ersten Jahr. Brutto versteht sich. Netto kommt dabei nicht so viel raus. Sagenhafte 61,67 €. Damit kann man richtig was reißen.

Nun, seitens Verdi war man bei den Verhandlungen dabei. Und laut Aussage von Verdi, hat man den neuen Mindestlohn nicht von aktuell 12 € aus berechnet, sondern auf Drängen der Arbeitgeber von 10,45 €. Das nur mal als Hintergrundinfo, bevor wieder jemand auf die Idee kommt, wegen des Mindestlohnes gegen die Gewerkschaft zu hetzen.

12 Euro Mindestlohn seit gestern!

by Christian time to read: 13 min
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