Zuletzt aktualisiert am 11. Juli 2023
Immer wieder fühlen sich Fahrer berufen, hierzu Ihren Kommentar abzugeben. In vielen dieser Kommentare liest man immer wieder, dass der Lohn mit der Hauptgrund ist, warum keiner mehr den Job machen will. Doch es ist nicht nur der Lohn. Was den Fahrern sonst noch auf den Magen schlägt, erläutere ich hier.
Um es vorwegzusagen: Die Firma, wo alles Gold ist, was glänzt und es nur nach Rosen duftet, die gibt es nicht. Arbeiten muss man überall, bei der einen Firma mehr, bei der anderen weniger.
Inhaltsverzeichnis
Arbeit, Arbeit, Arbeit
In der Arbeitswelt gibt es wenige Berufe, die im Hinblick auf Anwesenheit für und mit der Firma das normale (nach 8,5h geht es wieder nach Hause) übersteigt. Gerade der LKW-Fahrer macht sich gerne über eine 38,5h / Woche lustig. Denn zugegebenermaßen, hätten wir die, dann hätten wir rein rechnerisch ab Donnerstag schon Wochenende. Das ist aber nicht das, etwas, was das Ganze lustig erscheinen lässt. Der Lohn, der dabei bei vielen herumkommt.
Festgehalt ist Programm
Bei vielen Speditionen wird der Fahrer nach einem »mit dem Fahrer« ausgehandelten Festgehalt bezahlt. D. h. er bekommt Summe XX für seine monatliche Arbeitsleistung. Überstunden werden in der Regel nicht bezahlt oder durch freie Tage ausgeglichen, obwohl dies rechtlich eigentlich nicht so korrekt ist (§ 612 BGB Abs. 1).
Über das wie und was vergütet werden muss, gehe ich hier aber aufgrund des umfangreichen Themas nicht ein, dazu wird es zu gegebener Zeit einen gesonderten Beitrag geben.
Weiterbildungen werden immer noch vom Arbeitnehmer bezahlt
Auch wenn mittlerweile immer mehr Firmen dazu übergehen, den Fahrern die Weiterbildung nach § 5 BKrFQG zu bezahlen, so gibt es immer noch Firmen, die diese Kosten weiterhin den Fahrern überlassen. Ebenso die Kosten für die ärztlichen Untersuchungen, Führerschein, Fahrerkarte und neu auch die Karte für die 95, die nun keinen Platz mehr im Führerschein hat. Statt alles in einer Karte zu machen, muss man halt für jeden Furz noch mehr Karten dabeihaben und es muss auch alles extra Geld kosten.
Rechnet man das mal zusammen, so kommt man auf folgende Kostenberechnung, die alle 5 Jahre zu leisten sind:
Weiterbildung à 5 Themen je 7 Stunden: 85 € = 595 €
ärztliche Untersuchungen (Augenärztliches Gutachten etc.) ca. 120 €
Passfotos: 20 €
Führerschein, Fahrerkarte, Nachweis der 95 : 130 €
Gesamtsumme: 865 €
Die Zahlen sind als ungefähre Werte anzusehen, da allein bei den Weiterbildungen die einzelnen Schulungen preislich unterschiedlich ausfallen. Da geht es bei 69 € los und endet irgendwo bei 105 € oder mehr. Ebenso die Kosten für die ärztlichen Gutachten. Die einen zahlen 50 € für alles, andere zahlen jede Untersuchung extra.
Zurück zur Arbeit. Die Zeit, die man von zu Hause »abwesend« ist, hängt davon ab, wie die Vorlieben des einzelnen sind. Die einen wollen jeden Tag zu Hause sein, andere wollen die ganze Woche oder auch wochenweise unterwegs sein. Für jeden Topf gibt es in unserer Branche den passenden Deckel.
Doch ob der Topf mit dem Deckel dann immer so kocht, wie man es sich von beiden Seiten her wünscht, steht auf einem anderen Blatt.
Denn wie ich bereits oben geschrieben habe: Es ist nicht alles Gold, was glänzt und nach Rosen duftet es schon gar nicht. Gejammert wird auf beiden Seiten. Sowohl Fahrer als auch Unternehmer beklagen die aktuellen Zustände. Seitens der Arbeitgeberverbände scheint es nicht genug billige und willige Arbeitskräfte zu geben, Fachkräfte sind nicht gewollt, denn die Zugangsvoraussetzungen für diesen Beruf sollen noch weiter gesenkt werden. Und mit Verlaub: Bis auf den Führerschein und die Grundqualifikation, die auch dringend notwendig ist, braucht es nichts weiter, um LKW im gewerblichen Bereich fahren zu dürfen.
Auf der Fahrerseite wird neben den niedrigen Löhnen auch das drumherum bemängelt / kritisiert. Im Speditionsbereich ist man für die Discounter der Erfüllungsgehilfe, am besten soll man die Paletten noch sortenrein in eine Reihe, oder wie es bei Edeka und Kaufland der Fall ist, gleich ins Hochregal einsortieren. Das ist aber, zumindest in meinen Augen, Aufgabe der im Lager beschäftigten Arbeitnehmer, nicht meine als Fahrer. 33 oder mehr Europaletten vom LKW entladen ist in meinen Augen zwar noch okay, aber diese dann zudem ins Hochregal schieben, ggf. die Paletten zudem umpacken, nur weil der Computer diese nicht akzeptiert, ist nicht mehr meine Aufgabe. Meine Arbeit hat kurz hinter der Laderampe zu enden! Und das zählt neben der Art und Weise, wie mit LKW-Fahrern bei Discountern umgegangen wird, der nächste Punkt auf der Liste, was in diesem Job geändert werden muss!
Doch wie es aktuell bezüglich Veränderungen aussieht, bekommt man ja gut als Fahrer mit. Es ändert sich kaum etwas. In der Vergangenheit hat es genügend Versuche gegeben, die Rampenbetreiber zum Umdenken zu bewegen. Etwa mit Apps fürs Smartphone, wo dann die einzelnen Be- und Entladestellen bewertet werden können, oder mit Umfragen. Gebracht hat es was? Ich bin da ehrlich, ich weiß es nicht. Ich kann nur von meinen Erfahrungen berichten, die allerdings schon ein paar Jahre alt sind.
Rechtlich allein gelassen
Die Fahrer sind in vielerlei Hinsicht, auch wenn die rechtlichen Vorgaben für gewisse Dinge vorhanden sind, mit ebendiesen allein gelassen. Nehmen wir dafür nur mal mein Lieblingsthema: die Eisplatten. Jedes Jahr kommen die Temperaturen aufs neue und das ist nichts Neues. Jedoch werden wir Fahrer bei vielen Firmen damit allein gelassen, sei es mit dem Problem, wie man sie herunterbekommt, oder eben, wenn es zu einem Unfall kommt. Und das, wo die Unternehmer dank dem Deminimies Förderprogramm Zuschüsse für diverse Hilfsmittel bekommt.
Es gibt vieles, was in dieser Branche geändert werden müsste, damit wieder mehr Menschen Bock auf den Bock bekommen. Doch, anstatt dass man sich mal gemeinsam an einen Tisch setzt und bspw. einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag auf den Weg bringt, der diese Sachen regelt, warten beide Seiten auf die Politik. Und die bekommt aktuell, auch wenn es eines von vielen Themen im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages ist, nichts auf die Reihe. Denn seit bisher 4 Sitzungen dreht man sich im Kreis. Und das wird man auch weiterhin.
Einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag wird es allerdings so nicht geben können, da die einzelnen Arbeitgeberverbände dem Bundesverband BGL keine Handhabe gegeben haben und auch nicht werden, hierzu mit einer Gewerkschaft darüber zu verhandeln.
Von fehlenden Stellflächen für die Pause
Über adäquate Preise an Raststätten, Work-Life-Balance, der Verkehr, die Kontrollen. Alles wird genommen, um diesen Job irgendwie negativ darstellen zu können. Sicherlich. Die Arbeitszeiten sind alles andere als Familienfreundlich. Du fängst an, wenn andere noch schlafen und hast Feierabend, wenn ebenfalls die anderen längst beim Feierabendbier mit den Kumpels in der Kneipe sitzen.
Und so wird sich am Fahrermangel nichts ändern, außer dass irgendwann noch mehr Fahrer in diesen Beruf strömen, die vielleicht 5 Meter geradeaus fahren können, aber weiterhin mit Handy zu den Be- und Entladestellen rennen, kein Geld für ’ne Dusche haben, aber dafür dann nach einer Parfümerie stinken und die Verlader dann ’nen Hals bekommen, weil Lollek, Bollek, Marek oder Ivan wieder vor Ihnen steht und keiner weiß, was Sie wollen. Wobei, es gibt auch genug Deutsche Fahrer bei denen man nicht weiß, was Sie wollen 😀