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Wer den Spiegel nicht ehrt, ist den Führerschein nicht wert

Zuletzt aktualisiert am 22. Juli 2023

Das Video, in dem ein LKW-Fahrer einen Klimakleber anfährt, ist abermals eines von der Sorte, die die »Gemüter« der Menschen und auch die Ansichten spaltet. Jedoch, auch wenn das Video schon für Empörung sorgt, weil da wieder irgendwelche Honks, die Straßen blockieren, so sind die Kommentare unter dem Video alles andere als entspannend.

Nicht nur die Kommentare sind es, die einem die Haare zu Berge stehen lassen, sondern auch, dass die junge Freiheit dieses Video als Anlass nimmt, weiterhin Stimmung gegen die Klimaaktivisten zu machen.

Ob das nun richtig oder falsch ist, was diese Aktivisten machen, sei mal dahin gestellt. Gut finde ich es auch nicht, auch wenn ich zum Glück noch keinen vor der Scheibe hatte.

Doch auch für diejenigen, die nicht wissen, um welches Video es geht, hier mal ein Einblick:

Mir geht es eher um die Reaktion des LKW-Fahrers, die so viele als völlig korrekt, ja regelrecht feiern.

Und ja auch das Thema wird politisiert. Sieht man bspw. in entsprechenden Tweets auf Twitter, oder wie auch hier in der Ostsee Zeitung, wo die Fraktion Bürger für Stralsund erwähnt wird. Diese, so die Zeitung, wollen für den LKW-Fahrer Spenden sammeln. Der Sinn des Ganzen erschließt sich mir jedoch nicht.

§ 32 StGB – Notwehr

Viele bezeichnen die Tat des LKW-Fahrers auch als berechtigte Notwehr. Doch ich sehe das etwas anders. Das Berliner Landgericht hat diese Aktionen der Klimakleber als strafbar bestätigt, dennoch ist das, was der LKW-Fahrer letztlich mit seinem LKW gemacht hat, nämlich den Klebefetischisten anzufahren, nichts, was durch § 32 StGB gedeckt ist.

Denn auch wenn ich hier in Notwehr oder auch nur Nothilfe eine solche Person von der Straße entfernen darf, darf ich diesen weder „Aufs Maul hauen“, noch mit einem Fahrzeug anfangen geschweige denn Überfahren.

Der Juraprofessor Dr. Ralf Höcker hat dies in einem Interview mit der Welt ausführlich erklärt.

Nach seiner Aussage darf ich einen Klimakleber von der Straße ziehen. Ich darf auch dabei helfen, diese von der Straße zu ziehen (Nothilfe). Und damit enden eigentlich auch schon meine Möglichkeiten.
Selbst wenn die Polizei anwesend ist und nichts macht, darf ich, so die Aussage im Video, auch hier wieder die Leute von der Straße zerren.

Und auch gerade bei Notwehr ist immer das mildeste Mittel zu wählen. Jemanden mit dem LKW zu überfahren, ist damit nicht gemeint.

Rechtliche Bedenken

Aber! Wenn man sich etwas mehr mit diesem Thema beschäftigt, gehen die Meinungen der Rechtsexperten da auseinander. Die einen sagen: Ja es ist eine Nötigung und dieser darf ich mich wehren, die anderen sagen, hier greift nicht der § 32 StGB. Es ist immer eine Einzelfallentscheidung, ob es Notwehr war, oder eben nicht. Aber das kann weder die Polizei noch jemand selbst beurteilen, sondern ein Gericht.

Denn der springende Punkt wird erst nach der Blockade durch ein Gericht geklärt. Dieses muss die Blockade als verwerflich einstufen und nur dann greift auch § 32 StGB, das Notwehr recht. Jedoch darf ich dabei weder jemanden Gewalt androhen, noch jemanden verletzen. Es muss immer das .relativ mildeste MIttel gewählt werden.

Täter – Opfer Umkehr

In vielen Fällen wird sich immer wieder über die sog. Täter-Opfer umkehr empört, hier ist Sie aber ein Mittel zum Zweck. Schließlich geht es ja gegen einen gemeinsamen „Störenfried“.

Auch die Kommentare, in denen unser Job als Sklaventum hingestellt wird, es sei ein Knochenjob, der Disponent / Chef sitzt dem im Nacken. Leute lasst doch dieses dumme Gelaber.
Ein Knochenjob ist der normale Speditionsbereich heutzutage schon lange nicht mehr. Die wenigen älteren Fahrer, die wie ich, schon lange dabei sind, wissen es noch wie es ist, 33 Paletten Getränke mit dem Hubwagen vom Auto zu ziehen. E-Ameisen waren damals Mitte der 1990er-Jahre noch Mangelware. Nur wenige Zentrallager hatten überhaupt eine.
Und ja, es mag noch die eine und andere Spedition geben, die Ihre Fahrer scheucht. Ich selbst kenne zumindest schon mal eine hier aus meiner näheren Umgebung. Aber auch hier: Zum Scheuchen gehören immer zwei. Einer, der es macht und einer, der es MIT macht.

Dass sich der LKW-Fahrer, zum Glück nicht nur in meinen Augen, falsch verhalten hat, steht außer Frage.

Doch was hätte der LKW-Fahrer sonst machen sollen? Nun in erster Linie auf seine Sorgfaltspflicht anderen gegenüber zu achten. Heißt, nicht erst am Ende des Videos in den Frontspiegel schauen, sondern vor dem Losfahren. Und nein, auch hier saß der Klimakleber nicht im angeblichen toten Winkel. Denn wie man am Ende des Videos sehen kann, schaut der Fahrer ja genau in diesen Spiegel und kann die angefahrene Person sehen.

Weiterhin die Regel „Melden macht frei und belastet den Vorgesetzten“ beachten. Auch wenn man unter Termindruck steht, als LKW-Fahrer will man vor allem eines: Als Profi angesehen werden. Und ein Profi rastet im Straßenverkehr in meinen Augen nicht aus. Wie Maik es in seinem Artikel geschrieben hat:
Dispo informieren, Sitz zurück, Kaffee raus und warten, bis der „Spaß“ vorüber ist.

Denn dann hätte er sowohl Führerschein als auch seinen Job behalten. Für seine Dummheit auch noch zu spenden (außer Hirn, wenn es ginge), ist lediglich nichts anderes als den Versuch zu starten, das Ganze auch noch zu legalisieren.

Es bleibt für mich also dabei: Ein rechtzeitiger Blick in den Spiegel hätte vieles verhindert.

Wer den Spiegel nicht ehrt, ist den Führerschein nicht wert

by Christian time to read: 10 min
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