Seit Jahren wird auf dem Truck Gran Prix ein Ablasshandel betrieben. Der ADAC legt Anträge bereit, die dazu dienen sollen, bei der Kreisverwaltung Ahrweiler eine Sondergenehmigung für das Umgehen des Sonntagsfahrverbotes zu bekommen. Kostenpunkt dieses Jahr: 20 Euro.
Und leider gab und gibt es genügend Fahrer, die sich aus teils gewollter „Unwissenheit“ an diesem Ablasshandel beteiligen und sich somit das Geld haben aus der Tasche ziehen lassen.
Inhaltsverzeichnis
Abzocke mit System
Es ist nicht das erste Mal, dass der ADAC diesbezüglich auffällig ist. Schon vor ein paar Jahren auf einem Truck-Treffen in Kalkar wurden Fahrer animiert, ohne Fahrerkarte und mit der Out-of-Scope Einstellung im Fahrtenschreiber vom Treffen dahinzufahren, wo diese hin müssten / wollten.
Und wie in den vorherigen Jahren auch hat hier eine Abzocke Tradition. 20 Euro Bearbeitungsgebühr für eine nicht benötigte Sondergenehmigung, um mit einem wohlgemerkt leeren Fahrzeug das Gelände verlassen und nach Hause fahren zu können.
Sowohl im Antrag, als auch in der Genehmigung des Kreises Ahrweiler wird genau das genannt, was ohnehin nach § 30 Abs. 3 StVO erlaubt ist. Nichts anderes als die Privatfahrt mit einem Fahrzeug über 7,5 Tonnen, was seit 2017 erlaubt ist.
Der Beitrag rund um die Privatfahrten mit dem LKW zählt bei mir mit zu den beliebtesten Artikeln und ist jedes Jahr, seit der Veröffentlichung 2016 auf Platz 2 in der Rangliste, die man rechts sehen kann. Gut, ich kann nicht alle erreichen, aber bei einem solch stark frequentierten Beitrag sollte man davon ausgehen, dass sich das mittlerweile mal herumgesprochen hat.
Ich habe mal bei der Kreisverwaltung Ahrweiler nachgefragt, mit welcher Begründung hier den Fahrern eine unnötige Genehmigung ausgestellt wird. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels lag allerdings noch keine Antwort vor. Wird also nachgereicht, sofern ich eine Antwort erhalte.
Dazu noch ein kleiner Hinweis: Nur weil eine Behörde eine Genehmigung ausstellt, muss das nicht korrekt sein. Ist eine Genehmigung falsch oder unzureichend ausgestellt, kann diese von den Kontrollbehörden kassiert werden und es gibt eine Anzeige.
[UPDATE]
Kreisverwaltung Ahrweiler, hat geantwortet. Nicht nur mir, wie mir von anderen, nicht behördlichen Menschen mitgeteilt wurde. Es gibt kaum Unterschiede in den Antworten. Wie nicht anders zu erwarten, versucht man, mit Ausreden sein Handeln zu rechtfertigen.
In den Antwortschreiben, auch wenn Sie hier von 2 unterschiedlichen Personen kommen, versteift man sich auf § 30 StVO Abs. 3 und zitiert diesen. Mehr ist und war nicht zu erwarten. In meinem Fall zeigte sich die Abteilungsleitung der Abteilung 3.2 – Verkehrswirtschaft/ Jagd- und Waffenwesen nicht in der Lage, nachzuvollziehen, was ich mit meiner Frage eigentlich wollte.
Hinzukommt, dass man Spediteure, die geschäftsmäßige Transporte durchführen, als Klientel für diesen „Service“ anpreist. Nun, ein Spediteur führt in der Regel geschäftsmäßig Transporte durch, oder lässt diese durchführen. Das ist quasi das Kerngeschäft eines Spediteurs.
Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur StVO
Schaut man in diese rein, gibt es eine Menge Vorgaben, die eine Ausnahmegenehmigung, ähm… ermöglichen.
Die Vorschrift ist lang und leider lässt sich der Abschnitt für die Genehmigungen nicht so einfach verlinken, wie ich es hier auf meiner Seite tun könnte. Man muss etwas runterscrollen.
Für meine bescheidenen Verhältnisse stelle ich fest, dass eine Genehmigung, um das Sonn- und Feiertagsfahrverbot zu umgehen, auch wenn es nur mit dem leeren Fahrzeug ist, gar nicht hätte ausgestellt werden dürfen. Ungeachtet dessen, ob es ohnehin erlaubt ist, mit der Karre sonntags quer durch die Pampa zu ballern 😀
Und auch wenn die Kreisverwaltung Ahrweiler Ihren Service als eine freiwillige Möglichkeit ansieht, die man nutzen kann, habe ich gestern Abend noch eine E-Mail an das Verkehrsministerium Rheinland-Pfalz geschickt, um auch hier mal zu fragen, ob das denn so rechtens ist, was die Kreisverwaltung Ahrweiler da so treibt. Denn man wird ja nicht gezwungen, diesen Service zu nutzen.
Allerdings sehe ich da eher nicht den Zwang, sondern eher das Ausnutzen der Unwissenheit darüber, was eine Privatfahrt ist und was nicht. Denn ich kann ja auch bspw. zur nächsten LKW-Vermietung gehen und mir da einen LKW über 7,5 Tonnen mieten und damit einen privaten Umzug durchführen. Brauche ich auch keine Genehmigung für. Ich muss lediglich damit leben, dass ich meine Fahrerkarte in den Fahrtenschreiber stecken und auch Maut bezahlen muss.
Weiterhin fällt bei der Genehmigung auf: Sie ist für 2 Tage ausgestellt. Samstag und Sonntag. Den Sonntag könnte man noch irgendwie nachvollziehen. Aber den Samstag? Zumal aktuell die Ferienreiseverordnung gilt. Diese wird mit der Genehmigung unberechtigt außer Kraft gesetzt. Wie man sehen kann, steht da was von Geltungstag und Fahrtroute. Und bei Fahrtroute steht: Alle öffentlichen Straßen. Also auch die Autobahnen, auf denen die Ferienreiseverordnung gilt. Ist schon blöd. Denn eine falsch ausgestellte Genehmigung hat keine Gültigkeit und könnte im Falle einer Kontrolle Probleme bereiten.
Was die Korrespondenz mit einem Abteilungsleiter und Vorgesetzten des ausstellenden Mitarbeiters anbelangt, so ist diese beendet. Die genauen Beweggründe konnten nicht festgestellt werden. Lediglich, dass dieser sich gerne in Widersprüche verwickelt und das Ganze wiederholt. Beim Verkehrsministerium von Rheinland-Pfalz war man sehr erstaunt über diesen Vorgang und hat das nun zur Überprüfung an den Landesbetreib Mobilität als obere Straßenverkehrsbehörde für RLP weitergeleitet. Mal sehen, was daraus wird.
Zum Abschluss
Ich möchte niemanden davon abbringen, sein Geld aus dem Fenster zu werfen. Doch viele Fahrer schreien schon beim kleinsten Bußgeld lauthals Abzocke und hier rennen Sie klatschend dieser hinterher. Unternehmer ebenso.
20 Euro sind vielleicht nicht viel. Aber wenn eine Firma mit 6, 7, oder 8 LKWs vor Ort ist, der Unternehmer sich die Genehmigung für alle Fahrzeuge holt, dann sind das mal eben 160 Euro. Und je nachdem wie viele Genehmigungen dort ausgestellt wurden, kann das mal eben ein 4-stelliger Betrag werden, den der Kreis Ahrweiler unberechtigterweise an einem Tag einnimmt.
Um genau zu sein: Es wurden 307 Genehmigungen ausgestellt. Je 20 Euro pro Genehmigung sind das insgesamt 6.140 €, die der Kreis Ahrweiler eingenommen hat. Und das nur, wegen der Unwissenheit der Leute. Eine Aussage vor Ort, die von einem Mitarbeiter des Kreises Ahrweiler gefallen ist: Die Leute wissen doch selbst, ob Sie eine brauchen oder nicht. Das mag zwar stimmen, aber der Mitarbeiter hat auch zu wissen, ob eine Genehmigung ausgestellt werden darf oder nicht. Und in diesem Falle wäre das nicht so gewesen.
Gegen ein Schreiben, was noch mal auf den Umstand hinweist, dass eine Privatfahrt mit einem leeren Fahrzeug über 7,5 Tonnen an Sonn- und Feiertagen erlaubt ist, ist nichts einzuwenden. Hier aber dann auch gleich noch die Ferienreiseverordnung außer Kraft zu setzen, macht die Genehmigung gleichermaßen wieder ungültig. Denn wie in der VwV zur StVO steht, muss die Zweckmäßigkeit gegeben sein.
Ich habe mich in den letzten 2 Tagen mit vielen Beamten und Angestellten von verschiedenen Behörden unterhalten. Die einen nannten es zu Recht Abzocke, die anderen fingen das Lachen an und fragten nach dem Grund für diese „Genehmigung“, es sei ohnehin erlaubt.
Es ist also festzuhalten. Eine Ausnahmegenehmigung nach § 30 Abs. 3 StVO bedarf es nicht. Wer freitags in der Nähe des Nürburg Rings ablädt, sonntags leer wieder nach Hause fährt, führt keine Leerfahrt mehr nach § 30 Abs. 3 StVO durch.
Und solltet Ihr nächstes Jahr am Ring wieder den Stand vom ADAC sehen, wo die Genehmigungen verkauft werden, nehmt die 20 Euro, geht zum nächsten Biertempel und trinkt euch dafür lieber ein kaltes Bier. Dann ist das Geld zwar auch weg, aber Ihr hattet wenigstens was davon. Vielleicht klärt Ihr dann den einen oder anderen noch darüber auf, dass die 20 Euro dort am ADAC Stand sinnlos ausgegeben wurden, sofern dieser da nächstes Jahr noch steht. Ich hoffe es nicht.
Bildquellen
- Antrag_ADAC: Tom Döhler
- Genehmigung_Ahrweiler: Tom Döhler