Leistungsgerechte Bezahlung - Geht auch anders

Erstellt am: 01/09/2025 - Lesezeit: 5 Minuten

Udo hat auf Facebook einen Beitrag über Leistungsgerechte Bezahlung rausgehauen. In vielen Dingen hat er recht, auch wenn ich hier und da einige Punkte anders sehe.

Wer kein Facebook hat, Maik Erdmann von Truckonline hat den Beitrag auf seiner Seite veröffentlicht.

Unter anderem der Punkt, dass ich die Schuld für die Löhne nur teilweise bei den Arbeitgebern sehe. Klar, man stellt sich bei einer Firma vor, lässt sich erzählen, wie toll die Firma ist. Später kommt der Punkt, an dem man fragt: Wie weit geht der Geldbeutel auf?

Und hier kommen wir zum Truckerlatein. Oder auch: Geschichten aus dem Paulana-Garten.

Ich verhandel meine Löhne immer selbst

Ich habe es in vielen Beiträgen und Kommentaren immer wieder erwähnt: Die Fahrer bescheißen sich selbst. 

Zum einen ist da das Märchen, wo viele erzählen, sie würden ihre Löhne selbst verhandeln und dies niemals einem überlassen, der nichts vom Job weiß.

Zum anderen ist da aber die Realität und die sieht zu 95 % so aus: Der Fahrer kommt, man unterhält sich und dann wird nach dem Lohn gefragt. Hier bekommt man dann eine Summe X genannt. An diesem Punkt kann man zwar versuchen, noch mehr rauszuschlagen, was aber meistens vergebene Liebesmüh ist. Aber man hält gerne weiter an dem Märchen fest, man verhandle selbst.

Angebote in den Stellenausschreibungen

Ja ein Moderner Fuhrpark, geile Dispo, vielleicht noch die blondierte Empfangsdame, das familiäre im Betrieb, was sich auch Speditionen mit 300 und mehr ziehenden Einheiten auf die Fahne schreiben, sind Dinge, die setzen wir Fahrer mehr oder weniger voraus. Aber das füllt mir nicht den Kühlschrank und bezahlt nicht meine Rechnungen.

Und was der Fahrer unter Leistungsgerecht versteht, ist nicht selten Kilometerweit von dem Weg, was ein Unternehmer damit meint.

Das Ausland und warum die es besser können

Andere Länder wie Luxemburg, Frankreich, die Niederlande, aber auch die skandinavischen Länder werden ebenfalls gerne als Beispiel für gute Löhne genannt. Warum geht das da und hier nicht?

Nicht dass das nicht stimmt. Ich selbst habe zeitweilig in den Niederlanden LKW gefahren und kann sagen, dass da von Haus aus gleich mehr bezahlt wird, als hier in Deutschland.

Doch woran das liegt, wollen nur die wenigsten wissen. Und auch gerade, wenn ich stellenweise mal einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag ins Spiel bringe, kommt von einigen wieder das Märchen: Ich verhandle grundsätzlich selbst.

Womit wir wieder beim Ausland sind. Die o.g. Länder haben nämlich das, was u.a. auch andere mit mir fordern: einen allgemein verbindlichen Tarifvertrag. Nur heißt es dort meist anders: Der Kollektivvertrag.

Es nervt einfach nur noch

Dieses ständige Gejammer, wie scheiße der Job doch ist, die ewige Suche nach denen, denen man die Schuld in die Schuhe schieben kann. Hauptsache, der Fahrer ist nicht schuld. Denn bei dem sind es immer die anderen, die Schuld haben. Nur er nicht. Denn er ist derjenige, der alles meistert. Die im Büro sind doch doof, wissen nicht, wie es draußen aussieht.

Blöd nur, dass der Fahrer in seiner kleinen Welt viele Dinge übersieht. U.a. auch, dass die im Büro nicht nur für Ihn allein verantwortlich sind. Sondern je nach Größe der Spedition für 5, 6 oder auch 20 Fahrer. Da ist es nun mal so, dass sich einer nicht intensiv um einen einzelnen Fahrer kümmern kann. 

Ja, der Fahrer hat ein Problem. Bei 20 Fahrern hat der Disponent 20 Probleme. Und es ist sein Job, diese zu lösen. Nach dem Willen der Kunden am besten alle gleichzeitig.

Zurück zum Fahrer und seine Probleme

Seien wir mal ehrlich: Fast alle anderen Branchen in Deutschland werden deutlich vernünftiger bezahlt als ein LKW Fahrer. Und warum? Nicht etwa, weil der Gesetzgeber hier was getan hat. Nein, weil die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen der jeweiligen Branchen in einer Gewerkschaft sind.

Was der Deutsche 5-Sterne-plus-Trucker nämlich nicht kapieren will, weil er bei eben genau diesem Thema gerne in die Vergangenheit schaut: Die Anzahl der Mitglieder einer Gewerkschaft gibt dieser die Macht, auch das zu verändern, was verändert werden soll. Und wer die Musik bezahlt, bestimmt auch den Takt, nach dem getanzt wird.

Nicht die Gewerkschaft. Die ist nur ausführendes Organ.

Umfragen und andere Dinge

Lustig sind auch immer die Befragungen, was am Job falsch ist. Schaut man in die Kommentare oder Beiträge bei den Fahrern in den sozialen Medien, dann ist der Lohn immer Punkt Nr. 1.

Wenn Ergebnisse von Umfragen veröffentlicht werden, dann steht der Lohn immer an dritter oder vierter Stelle. Manchmal auch noch weiter unten. Aber nie, auch wirklich nie an erster oder zweiter Position. 

Warum also wird hier nicht mal auf den Putz gehauen? Warum schließt ihr euch nicht zusammen und ändert da was daran? Wir anderen warten doch nur auf euch.

Wir könnten genauso wie in den Nachbarländern einen Kollektivvertrag haben, in dem Dinge geregelt werden, die uns nicht passen. Und nur weil es diesen Vertrag eventuell geben könnte, heißt das ja nicht, dass Ihr euch noch eine Kirsche auf der Sahne dazuholen könnt.

Aber es ist nun mal leider so: Der deutsche Fahrer ist an der Handytastatur der größte Held. Der beste unter der Sonne. Nur er weiß, wo es langgeht. Und in der Realität? Das Weichei. Der Eigenbrötler.

Passt euch nicht? Nun dann ändert was daran. Aber wie ich es schon mal sagte: Keine Eier!

Nur wenn wir was ändern, gibt es auch die Leistungsgerechten Löhne, die man haben will.

In diesem Sinne… Bis neulich!


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Christian Rumpf

Ich bin aktiver Berufskraftfahrer in zweiter Generation mit langjähriger Erfahrung im Transportsektor. Auf diesem Blog teile ich meine persönliche Meinung und Erfahrungen.

 

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